Just another FAST

D'Appolito-FAST mit Omnes Audio MW5 und Tang Band W3-871

 

Breitbändern wird oft ein "geschlossenes Klangbild" und eine Homogenität bescheinigt, das/die einem typischen Zweiweglautsprechern einfach abgeht. Die Argumentation hierfür wirkt plausibel: Das Signal wird im Gegensatz zu Zweiwegern nicht im Bereich der größten Empfindlichkeit des Gehörs getrennt. Der Breitbänder zeigt hier ein absolut homogenes Phasenverhalten und in alle Richtungen näherungsweise identisches Abstrahlverhalten. Der Kompromiss ist eine in nicht allen Freuquenzbereichen optimale Tonalität. Kleine Breitbänder vermögen keine ernstzunehmende Tieftonreproduktion und große Breitbänder hadern naturgemäß mit dem Hochton. Was liegt also näher als einen kleinen Breitbänder möglichst unterhalb vom Mittenbereich auszublenden und mit einem designierten Tieftöner zu unterstützen. Voilá die Idee zum FAST-Systeme wart geboren.

FAST steht für Fullrange and Subwoofer Technology. Der hier vorgestellte Bauvorschlag wird diesem Konzept, wie viele andere, aufgrund der recht hohen Trennfrequenz nicht vollends gerecht. Er ist dafür aber eine der seltenen erfolgreichen Umsetzungen des D’Appolito-Konzepts, was wir in fehlerhafter Interpretation in den vergangenen zwei Jahrzehnten in so vielen Fertiglautsprecher sehen durften.

Rechts sieht man ein CAD-Modell des gebauten Lautsprechers. Man erkennt, dass das Breitbändergehäuse mit einem Kunststoff-rohr aus dem Sanitärbereich realisiert wurde. Diese Methode würde ich so nicht wieder umsetzen, da sich die Abdichtung zum Tieftongehäuse als nicht ganz trivial herausstellte. Alternativ kann hier ein viereckiger Holzkorpus in voller Gehäusebreite genutzt werden, der das Gehäuse aber nicht mehr als 2/3 in der Teife schneiden sollte, um einen störungsfreien Luftausgleich im Tieftongehäuse sicherzustellen.

Messungen

Horizontal

Trennung bei 600hz
Trennung bei 600hz

Der TangBand Breitbänder wird bereits bei 600hz aus dem Verkehr gezogen. Hier ergab sich die harmonischste Filterflanke und die linearste Abstimmung der oberen Mitten. Die Summenbildung liegt ideal 6dB über dem Schnittpunkt der Filterkurven.

Winkel horizontal
Winkel horizontal

Die horizontale Abstrahlung zeigt einen gleichmäßigen Verlauf ohne Sprungstellen. Um 3khz kommt es zu Diffraktionseffekten an den Gehäusekanten. Die Abrundung der Kanten mit einem möglichst großen Radius entschärft den Effekt bereits signifikant. Zudem mindert der Saugkreis im Hochpass das Problem weiter.

Trotz dieser Maßnahmen ist der Effekt immernoch deutlich messbar. Einige Zeitgenossen behaupten immer wieder, dass man das zwar messen aber nicht hören könnte. Dem kann ich absolut nicht zustimmen. Meiner Erfahrung nach hört man das sehr deutlich. Viel deutlicher als kleine bis mittelgroße Sprünge im Übertragungsverhalten des Axial- bzw. Abhörfrequenzgangs, die unter Winkel nicht auftreten.

Da diese Effekte aufgrund der gängigen Schallwandmaße fast immer mitten im Stimmbereich auftreten, lege ich den Skeptikern folgendes Experiment ans Herz: Stimmt einen Sperr-/Saugkreis mit hoher Güte auf eine derartige Energiespitze ab. Hört mit und ohne den Saugkreis im Wechsel Aufnahmen mit kritischen Stimmpassagen. Ihr werdet feststellen, dass man bereits bei Dämpfung  um 1dB signifikante unterschiede in der Tonalität bemerkt.

Insgesamt ist festzuhalten, dass im Bereich um 4 kHz immer noch zuviel Energie in den Raum abgestrahlt wird. Der Effekt ist jedoch verglichen mit den meisten konventionellen 2-Wegern deutlich abgemildert. Mit einem Absenken des Saugkreiswiderstands hätte man hier noch etwas mehr Dämpfung herbei führen können, das wäre aber auf Kosten der Linearität im Abhörwinkel gegangen. Experimente mit anderen Widerstandswerten im Hochtonsaugkreis sind ausdrücklich erwünscht (und kosten zudem fast nichts).

 

Vertikal

Winkel vertikal nach unten
Winkel vertikal nach unten
Winkel vertikal nach oben
Winkel vertikal nach oben

Aufgrund der im Vergleich zu herkömmlichen D'Appolito-System sehr tiefen Trennung, sind erfreulicherweise keine Berg- und Talfahrten in der vertikalen Abstrahlung festzustellen.

 

Klirr

Klirr Breitbänder mit / ohne Beschaltung
Klirr Breitbänder mit / ohne Beschaltung

Obige Animation zeigt das Klirrverhalten des Breitbänders mit und ohne Frequenzweiche. Man kann deutlich erkennen, wie der Dreizoller von der Entlastung der tieffrequenten Anteile profitiert. Im wichtigen Bereich unter 2 khz, geht der Klirr des Chassis im Störpegel unter.

Bei anderen Breitbändern, wie dem Vifa BN 9, sind bei vergleichbaren Pegeln keine derartige Entlastungseffekte zu beobachten. Man sollte hier also mit Verallgemeinerungen vorsichtig sein, zumindest bei Chassis die eine komfortabele lineare Auslenkung aufweisen scheint der Vorteil einer hohen Trennung sehr viel geringer.

Klirr Gesamtsystem
Klirr Gesamtsystem

Die zweite Animation zeigt die komplette Box. Die rote Linie dient als Anhaltspunkt für die 1%-Marke.  Mans sieht dass der Klirr unter Last ansteigt (Abstand zur roten Linie schrumpft), aber im wichtigen Mittelton im grünen Bereich bleibt.

Da die Box mittlerweile die ein oder andere Hausparty ertragen musste, kann ich sagen, dass sowohl der Omnes, als auch der Tang Band sehr unvernünftige Pegel überstanden haben, allerdings klingt das Ganze irgendwann deutlich gestresst. Die Verzehrungsneigung wird also bei noch höheren Pegeln deutlich überproportional ansteigen.

Bauplan

Dämmschema
Dämmschema

Aufgrund der großen Höhe des Gehäuses (und der daraus resultierenden tieffrequenten Längswelle) sollte bei der Bedämpfung ordentlich gearbeitet werden. Generell versuchen wir eine progressive, also eine zu den Enden hin zunehmende, Bedämpfung zu erreichen.
Die roten Striche stellen grobschlingigen Teppich dar, er ist vor allem an Deckel und Boden wirksam gegen die Längswelle. Sicherlich kann man hier auch teurere Fertiglösungen verwenden (DAMPING 30 evtl?), was allerdings dem Budgetgedanken etwas wiederstrebt. Ich hab eine Vorlegematte für 1,5€ aus dem Billigbaumarkt zerschnippelt. Die reicht auch noch fürs nächste Projekt...
Hellbau sollte dann etwas lockerer sein. Ich habe hier etwas Bondum 800 benutzt. Alternativ geht sicher auch Noppenschaum, oder per Hand stark verdichtetes Sonofil.
Ocker steht für normales Sonofil/Polyesterschaumstoff. Es wird in einer L-Form in die obere Ecke gelegt, aber so positioniert dass hinter dem Tieftöner noch genügend Platz ist. Ganz wichtig: an beiden Querverstrebungen wird jetzt jeweils eine halbe Matte festgestopft - ALLERDINGS immer nur an einer Seite, so das über einen gewissen Umweg immernoch eine reine Luftsäule zwischen zwischen Tieftönern und Bassreflex-Rohren besteht!
Im Boden kommt auf die Teppichschicht nun ein Hochdämpfendes Material wie Muhwolle (rosa). Ob und in wie weit Alternativen, wie Stein- oder Glaswolle in Bassreflexnähe funktionieren, wäre zu klären. Im Nachhinein hätt ich mir gewünscht, diesen "Sumpf" noch etwas größer zu gestalten, aber da war das Gehäuse leider schon gebaut. Also wenns euch optisch nicht stört die Rohre etwa 10 cm höher legen, oder nur ein großes, statt zwei kleiner verwenden.

Wie man auf dem Frequenzschrieb vielleicht erahnen kann (nicht ganz so offensichtlich weil der angefügte Bassbereich aus einer geglätteten Raummessung entstand), ist der Oberbass durch die tiefe Trennung und Wechselwirkung mit der Tieftönerimpedanz etwas angehoben (zwischen 100 und 220hz). in den Räumen, in denen ich die Lautsprecher bis jetzt gehört habe, empfand ich das eher als unproblematisch, da die Räume (resultierend aus der Raumhöhe - im Standardfall (2,4-2,5m) und Chassisabständen zu der vertikalen Begrenzungsflächen) genau in diesem Bereich zu einem Einbruch führen.

 

In dem ein oder anderen Raum könnte es aber zuviel des Guten sein. Für diesen Fall gibt es nebenstehend nochmal eine Impedanzlinearisierung für den oberen Bassreflexbuckel.
    
Ich hatte die Impedanzlinearisierung auch ausprobiert, aber als klanglich nicht vorteilig empfunden. Das Ganze klang in meinem Wohnzimmer plötzlich deutlich weniger lebendig als zuvor und wurde daher wegrationalisiert...

 

Fazit

Was haben wir hier? Einen schlanken, nicht all zu teurer Standlautsprecher der ausnahmsweise mal die Vorgaben von D'Appolito zur Trennfrequenz bei derart angeordneten Lautsprechern erfüllt. Klingt er jetzt gleich großartig anders? Nun ja, er fabriziert nicht den grätzigen Sound, den viele Pseudo-D'Appos in Räumen ohne Tierfellen auf dem Boden und Teppichen an den Decke hervor"zaubern". Das ist doch schonmal was. Ansonsten kann ich keine eklatanten Unterschiede zu konventionellen Breitbändersystemen feststellen.

Davon abgesehen bleibt ein bezahlbarer, stimmiger, aber nicht ganz charakterloser Lautsprecher: Der Bass ist stämmig, die Höhen betont, nicht zuletzt Dank der noch akzeptabelen Bündelung des 3-Zoll Tang Bands. Tonal wäre sicherlich noch etwas mehr gegangen.

 

Womit wir schon bei den fragwürdigen Designentscheidungen wären. Was würde ich also heute nicht mehr so machen:

 

- aus technischer Sicht würde der Breitbänder das nächste mal außermittig positioniert werden. Der Gewinn an abstrahltechnischen Vorteilen, wiegt die Optik mehr als auf. So hätte man das Energieproblem um 4khz noch ein bisschen besser gelöst und das Ganze würde sicher grad noch einen Tick lockerer klingen.

- in Sachen Design würde ich sicherlich nicht mehr so hoch bauen. Das JaF sieht in den hier vorgestellten Proportionen einfach zu sehr nach Spagel aus. Wie an anderer Stelle erwähnt, ist eine entsprechende Vertieferung des Gehäuses für mein Ästhetikempfinden genauso wenig eine Alternative, aber da sind Andere scheinbar weniger empfindlich.

 

Für wen ist das also der richtige Lautsprecher? Es gibt im lowcost-Bereich was Tonalität angeht doch schon sehr vollständige Produkte. Was diesen Lautsprechern meistens abgeht, ist die Fähigkeit auch mal ein bisschen Dampf zu machen. Durch die durchaus soliden Omnes 5er und die offensive Abstimmung ist JaF da anders und kann auch dann noch gegenhalten, wenn mal 20 Leute im Wohnzimmer stehen. Nein das ist keine abgehalfterte PA, sondern einen guten Allarounder der in verschiedensten Situationen ordentliche Ergebnisse liefert.

 

 

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